In der lebhaften Stadt Tickford erfüllte ein leises Ticken jede Straße. Große Standuhren, kleine Taschenuhren, Wanduhren – überall hörte man das sanfte Summen der Zeit. Und mitten in dieser Stadt lebte Meister Hemsley, der freundlichste und geschickteste Uhrmacher weit und breit.
Meister Hemsley hatte einen Begleiter namens Tiko – eine flauschige, orangefarbene Katze mit neugierigen grünen Augen und einem Schwanz, der wie ein sanfter Pinsel schwang. Tiko liebte die Werkstatt über alles, außer eine Sache: Er konnte nicht gut warten.
Jedes Mal, wenn der Uhrmacher ein Werk öffnete, lagen kleine Zahnräder und glänzende Federn auf dem Tisch. Für Tiko sahen sie wie perfekte Spielzeuge aus.
Doch Meister Hemsley sagte immer:
„Tiko, Geduld lässt jeden Moment an seinen richtigen Platz fallen.“
Tiko verstand das nie ganz.
Eines Morgens klopfte es eilig an der Tür der Werkstatt. Eine besorgte Mutter und ihre kleine Tochter traten ein. Das Mädchen drückte eine kleine kaputte Taschenuhr an ihre Brust.
„Sie gehörte meinem Großvater“, flüsterte sie. „Können Sie sie bitte reparieren? Morgen ist sein Erinnerungstag.“
Meister Hemsley nickte sanft. „Natürlich, mein Kind.“
Er öffnete die Uhr und sah winzige Zahnräder – manche verbogen, manche fehlten. „Das wird eine schwierige Reparatur. Sie braucht Zeit.“
Tiko setzte sich daneben und schlug ungeduldig mit dem Schwanz. Er wollte, dass Hemsley schnell fertig wurde, damit sie ihren Spaziergang machen konnten. Doch der Uhrmacher arbeitete langsam und sorgfältig.
Als Meister Hemsley für eine Tasse Tee den Raum verließ, sah Tiko seine Chance. Er sprang auf den Tisch, stupste die Zahnräder an und ließ sie rollen. Zwei drehten sich. Eins rutschte. Tiko lachte – bis plötzlich die Hauptfeder vom Tisch sprang und zwischen die Bodenbretter fiel.
Tiko erstarrte.
Als der Uhrmacher zurückkam und die fehlende Feder sah, seufzte er traurig. „Oh, Tiko… Diese Feder war einzigartig. Ohne sie kann ich die Uhr nicht rechtzeitig fertigstellen.“
Tiko senkte die Ohren. Er hatte es nicht böse gemeint.
Meister Hemsley kniete sich hin. „Fehler passieren. Wichtig ist, was wir danach tun.“
Tiko erinnerte sich an die traurigen Augen des Mädchens. Er verstand plötzlich: Geduld bedeutete, etwas mit Liebe zu tun – nicht schnell, sondern richtig.
Entschlossen suchte Tiko überall. Unter Regalen, hinter Kisten, in winzigen Schubladen. Stunden vergingen. Die Sonne sank. Schließlich quetschte Tiko sich hinter ein schweres Regal – und da lag sie. Die kleine Feder leuchtete im Staub.
Mit Mühe zog er sie hervor und legte sie vor Hemsley ab.
Die Augen des Uhrmachers erhellten sich. „Gut gemacht, mein Kleiner.“
Gemeinsam arbeiteten sie – langsam, ruhig, geduldig. Dieses Mal hielt Tiko Abstand. Er verstand nun, dass manche Dinge Zeit und Sorgfalt brauchen.
Bei Sonnenaufgang begann die Uhr wieder zu ticken – weich, gleichmäßig, wunderschön.
Als das Mädchen zurückkam, legte Meister Hemsley ihr die reparierte Uhr in die Hände. Sie lächelte mit Tränen in den Augen. „Sie klingt genau wie früher bei Opa.“
Tiko schnurrte stolz.
Meister Hemsley streichelte ihn. „Siehst du, Tiko? Gute Dinge brauchen Zeit – und Geduld.“
Tiko verstand endlich. Und von da an war er die geduldigste Katze in ganz Tickford.
⭐ Moral of the Story:
Patience isn’t about waiting—it’s about caring enough to do things the right way.
